SPD-Fraktion beantragt Etablierung von Online-Bürgerbeteiligung in Germering

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die vergangenen Wochen und Monate haben deutlich gezeigt, dass es in der Germeringer Stadtpolitik kontroverse Themen wie die Ansiedlung des Briefverteilzentrums oder die Bebauung des Kreuzlinger Feldes gibt, die auf reges Interesse in der Bürgerschaft stoßen. Die Formen der klassischen Bürgerbeteiligung kommen dabei jedoch schnell an ihre Grenzen und es stellt sich verständlicherweise Frust bei den Bürgerinnen und Bürgern ein, die sich am politischen Prozess eigentlich konstruktiv beteiligen möchten. Darüber hinaus konnten – bedingt durch die Einschränkungen wegen COVID-19 – im laufenden Jahr die bestehenden Formate der Bürgerbeteiligung teilweise gar nicht oder nicht ausreichend angeboten und wahrgenommen werden. Wir möchten dies zum Anlass nehmen, um einen konstruktiven Vorschlag zum Ausbau der Bürgerbeteiligung in Germering einzubringen:

Zusätzlich zu den bekannten Formen der Bürgerbeteiligung (Bürgerbegehren, Bürgerantrag, Bürgerversammlungen) soll auch die Beteiligung über das Internet in Germering eingeführt werden. Die Open-Source-Software CONSUL wird europaweit bereits von größeren und kleineren Kommunen erfolgreich genutzt. Weil diese Software technisch alle Möglichkeiten bietet und im Hinblick auf die Nutzung durch die Stadt alles ermöglicht, aber nichts vorschreibt, halten wir diese Software für geeignet, um eine qualitativ gute und erfolgreiche Online-Bürgerbeteiligung in Germering einzuführen.

Wir halten insbesondere folgende Funktionen einer Online-Bürgerbeteiligungssoftware für wichtig: Es soll den Bürgerinnen und Bürgern eine Plattform zum Gedankenaustausch zu aktuellen stadtpolitischen Themen zur Verfügung stehen, um die Meinungsbildung zu fördern. Bürgerinnen und Bürger sollen Verbesserungsvorschläge einbringen können. Außerdem sollen Initiativen und Vorschläge in Form eines Online-Bürgerantrags an den Stadtrat gerichtet werden können.

Bei der erwähnten Software kann vieles spezifisch für Germering geregelt werden. Denkbar wäre beispielsweise, dass sich der Stadtrat per Beschluss selbst verpflichtet, eine im Netz entstandene Initiative zu beraten, wenn mehr als 1% der Einwohner diese online unterzeichnet haben (ähnlich zum bestehenden Instrument des Bürgerantrags). Alle Germeringerinnen und Germeringer, die sich über CONSUL oder eine vergleichbare Software an politischen Debatten beteiligen möchten, müssen sich vorab registrieren und sind dann in der Lage

  • Anträge zu stellen, die ein festzulegendes Quorum erfüllen müssen
  • Vorschläge zu diskutieren und so ihre Meinung dem Stadtrat auf einem institutionalisierten Weg via Internet vorzutragen.

Durch die Registrierung wird u. a. sichergestellt, dass politische Auseinandersetzungen, im Gegensatz zu solchen auf Social-Media-Plattformen auf einer sachlichen und konstruktiven Ebene bleiben. Mit institutionalisierter Online-Bürgerbeteiligung kann der Debattenstil im Internet positiv gestaltet werden. Damit steigt auch die Bereitschaft, im Internet mitzudiskutieren. Herz und Verstand in die digital geführte Debatte zu bringen, ist natürlich eine anspruchsvolle Arbeit, die personell betreut werden muss. Ein Administrator muss notfalls auch korrigierend wirken, falls Debatten unsachlich werden. Wir halten es für falsch, der oftmals schlechten Diskussionskultur in manchen Online-Kommentarspalten und Plattformen tatenlos zuzusehen. Wir sehen vielmehr in aktiven Mitmach- und Initiativrechten eine große Chance für eine gute und die Stadt voranbringende Online-Debattenkultur – als Ergänzung zur repräsentativen Verfasstheit der Stadt.

Darüber hinaus hat der Germeringer Stadtrat in seiner Sitzung am 07. Juli 2020 einstimmig beschlossen, dass die Stadt Germering sich für das Modellprojekt „Smart Cities Smart Regions – Kommunale Digitalisierungsstrategien für Städtebau und Mobilität der Zukunft“ bewirbt. Ein zentraler Baustein der Leitlinien des Modellprojekts ist dabei Partizipation, so dass die Einführung einer Online-Bürgerbeteiligungsplattform für die Bewerbung der Stadt mit Sicherheit vorteilhaft ist und schlüssig an den bestehenden Beschluss anknüpft.

Wie eingangs erwähnt sind wir überzeugt, dass die Stadt Germering mit der Einführung von Online-Bürgerbeteiligung am Puls der Zeit wäre. Deshalb machen wir jetzt diesen konstruktiven Vorschlag, der allen Seiten hilft: Junge und ältere Menschen werden direkt in die Politik einbezogen und könnten zu strittigen örtlichen Themen konkrete Vorschläge einbringen und diese direkt an die Politik geben.

Ich stelle daher im Namen der SPD-Stadtratsfraktion zur Behandlung und Beschlussfassung im zuständigen Ausschuss oder im Stadtrat folgenden Antrag:

 Der Stadtrat/zuständige Ausschuss möge beschließen:

  1. Die Stadt Germering schließt sich einem Open-Source-Projekt zur Online-Bürgerbeteiligung (wie z.B. CONSUL, consulproject.org) an. Die Stadt soll sich bei der Einführung zunächst auf folgende Punkte konzentrieren:
  • Möglichkeit der Einbringung von Verbesserungsvorschlägen durch Bürgerinnen und Bürger
  • Debatten und Meinungsbildung zu aktuellen stadtpolitischen Themen
  • Initiativen und Vorschläge an den Stadtrat (Online-Bürgerantrag)
  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die Möglichkeiten zu prüfen und die notwendigen Schritte zur Einführung einer Online-Bürgerbeteiligung vorzubereiten.
  2. Die Einführung der Online-Bürgerbeteiligung soll nach Möglichkeit wissenschaftlich begleitet werden, um unter anderem zu eruieren, welche Bevölkerungsgruppen erreicht und wessen Interessen so besser in den politischen Diskurs eingebracht werden können. Dies kann z.B. entweder durch eine Kooperation mit Universitäten oder mit einer wissenschaftlichen Begleitung im Rahmen des Modellprojekts „Smart Cities Smart Regions – Kommunale Digitalisierungsstrategien für Städtebau und Mobilität der Zukunft“

Mit freundlichen Grüßen

 

Daniel Liebetruth

SPD-Fraktionssprecher

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