Antrag: Durchführung einer SEM auf dem Kreuzlinger Feld

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die SPD Germering ist für eine Wohn- und Gemeinbedarfsbebauung des Kreuzlinger Feldes, allerdings haben wir erhebliche Bedenken gegenüber der vorliegenden Planung. Insbesondere kritisieren wir an der gegenwärtigen Beplanung folgende Punkte:

  1. Keine Schaffung von dauerhaft bezahlbarem Wohnraum

Auf dem Kreuzlinger Feld entsteht frei finanzierter Wohnraum. Durch die Anwendung von SoBoN, verbunden mit einkommensorientierter Förderung (EOF) wird nur zeitlich auf wenige Jahre befristet vergünstigter Mietwohnraum geschaffen, der zudem nicht dämpfend auf das Mietniveau und den Mietspiegel in Germering wirkt. Durch die massive Schaffung von reinem frei finanziertem Wohnraum ist vielmehr mit einer deutlichen Erhöhung des Mietspiegels zu rechnen, da Neubauwohnungen teuer sind. Die Rechnung dafür müssen dann die Germeringer Mieterinnen und Mieter bezahlen.

Unserer Meinung nach ist die Schaffung von frei finanziertem Wohnraum in diesem hohen Ausmaß nicht akzeptabel. Kommunaler oder genossenschaftlicher Mietwohnungsbau garantieren langfristig bezahlbare Mieten und wirken dämpfend auf den Mietspiegel. Zudem entstehen langfristige Werte in der Hand der Kommunen, nicht der privaten Bauträger. Die Voraussetzungen dafür waren im Landkreis lange nicht so gut wie jetzt: Die auf Betreiben der SPD im Landkreis gegründete interkommunale Wohnungsbaugesellschaft, an der auch Germering beteiligt ist, hat ihre Arbeit aufgenommen und schiebt an vielen Stellen im Landkreis Projekte an – nur in Germering nicht. Außerdem gibt es für den kommunalen Wohnungsbau Förderprogramme wie das bayerische kommunale Wohnraumförderungsprogramm. Die Finanzierung dort ist konkurrenzlos, auch könnte die Stadt – anders als in der EOF – die Belegung selbst bestimmen.

 

  1. Keine durchgängige Planung des Quartiers

Durch die Eigentumsverhältnisse ergibt sich keine durchgängige Planung des Quartiers. Dadurch bleibt das Quartier womöglich auf viele Jahre ein Torso. Die angepriesene Promenade des Quartiers wird durch nicht bebaute Felder an beiden Seiten unterbrochen und beginnt und endet somit mitten im Feld, so dass eine sinnvolle Nutzung kaum gegeben ist. Die Planung ist aus unserer Sicht somit nicht an die Gegebenheiten angepasst.

 

  1. Keine oder nur unzureichende Berücksichtigung moderner Mobilitätskonzepte

In der Planung finden sich bislang noch keine Hinweise zur Ausgestaltung der klassischen Mobilität wie Radwege oder zur Lage und Ausgestaltung von Bushaltestellen. Moderne Mobilitätskonzepte fehlen in der Planung gänzlich. Beispielhaft seien hier Mobilitätsstationen oder Stellplätze für Car-Sharing-Angebote. Auch sollte das Quartier so geplant sein, dass Fahrräder schnell zugänglich sind, um deren Benutzung zu fördern. Auch mögliche innovative Lösungen wie eine innerstädtische Seilbahn, die mittlerweile auch schon von der Aubinger CSU gefordert wird, könnten in Zukunft nicht mehr verwirklicht werden. Aus unserer Sicht wäre eine planerische Berücksichtigung dieser Aspekte dringend notwendig, da eine gute Ausgestaltung nur möglich ist, wenn bei der Planung der Bebauung genügend Platz gelassen wird. Eine nachträgliche Planung scheitert dann meist am fehlenden Platz.

 

  1. Unzureichende Berücksichtigung ökologischer Belange

Beispielhaft sei hier das Windgutachten von 1998 genannt, das die Wichtigkeit des Kreuzlinger Feldes für die Durchlüftung Germerings betont und dessen Vorgaben nicht vollständig bei der Beplanung berücksichtigt werden. Es wurde in der Sitzung von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, zwar zugesichert, dass die vom Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss in seiner Sitzung vom 23.07.2020 beschlossene Aktualisierung des Windgutachtens abgewartet werden soll, bis weitere Beschlüsse zum Kreuzlinger Feld folgen. Auf Nachfrage wurde allerdings klargestellt, dass damit nicht gemeint sei, dass die ebenfalls am 23.07.2020 beschlossene einjährige Messung der Winde abgewartet werden soll, sondern dass nur neue Berechnungen angestellt werden. Uns erschließt sich der Sinn des neuen Windgutachtens nicht, wenn nicht auch die Winde als Grundlage des Gutachtens über ein Jahr neu gemessen werden.

 

  1. Automatisch entstehendes Baurecht nach §34 BauGB auf der „Zirkuswiese“

Möglicherweise entsteht auf der so genannten Zirkuswiese Baurecht nach §34 BauGB. Dies stellt in unseren Augen ein Problem dar, weil der Eigentümer theoretisch bauen könnte, ohne dass er das Quartierskonzept (z.B. die Promenade) berücksichtigen müsste. Darüber hinaus ist das Baurecht nach §34 für den Eigentümer womöglich ein Vorteil, da SoBoN dann nicht angewendet werden kann. Dies hätte zur Folge, dass der Bauherr nicht an den sozialen Folgekosten der Bebauung beteiligt werden könnte und auch kein Anteil von 30% der Wohnfläche für die EOF zur Verfügung gestellt werden müsste.

 

  1. Abweisende Blockbebauung

Wir schließen uns der Einschätzung des Bund Naturschutzes an, der in seiner Stellungnahme geschrieben hat: „Die Bauweise mit den Innenhöfen wirkt auf die Allgemeinheit abweisend und lädt nicht dazu ein, dieses Quartier zu durchstreifen.“ Die Innenhöfe sind zu klein, als dass sie als Aufenthaltsfläche (beispielsweise von spielenden Kindern) gut genutzt werden könnten, da hier Konflikte wegen vermeintlicher Ruhestörung oder Ähnlichem vorprogrammiert wären. Durch die abweisende Blockbebauung entsteht außerdem keine Einbindung der umgebenden Nachbarschaft. Durch Punkthäuser könnte eine offenere Struktur mit Mehrwert auch für die Nachbarschaft entstehen.

 

  1. Mangelnde Berücksichtigung von Bürgereinwändungen

Viele Bürgerinnen und Bürger – insgesamt gab es über 80 Einwände von Bürgerinnen und Bürgern – haben im Rahmen der vorgesehenen Bürgerbeteiligung teils sehr konstruktive Vorschläge eingebracht, die in der Sitzung im Planungs- und Bauausschuss allesamt zurückgewiesen wurden. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sind darüber zu Recht frustriert, denn es hätte stattdessen versucht werden müssen, möglichst viele sinnvolle Vorschläge einzuarbeiten.

 

Mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) – wie sie beispielsweise auch die Stadt München durchführt – lassen sich die genannten Kritikpunkte ausräumen, denn die Stadt Germering würde sich dadurch die Planungshoheit über das Gesamtareal sichern und könnte so Flächen für den kommunalen Wohnungsbau (z.B. durch die interkommunale Wohnungsbaugesellschaft) oder genossenschaftliches Wohnen vorsehen und damit für dauerhaft bezahlbaren Wohnraum sorgen. Im Zuge dieser Neuplanung der Bebauung könnte unter Bürgerbeteiligung erneut diskutiert werden, wie am Kreuzlinger Feld gebaut werden soll, wie moderne Mobilitätskonzepte eingearbeitet und ökologische Belange besser berücksichtigt werden, so dass am Ende ein Quartier entsteht, das modern ist und den Standards unserer Zeit entspricht. Um eine ansprechende Gestaltung sicherzustellen, empfiehlt sich aus unserer Sicht dringend die Durchführung eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs.

Sinn der SEM insgesamt soll es sein, dass nicht nur höchstbietend teure Eigentumswohnungen geschaffen werden, sondern dass die überzeugendsten Konzepte für dauerhaft bezahlbare Wohnraumpreise zum Zuge kommen und somit die Interessen der Allgemeinheit berücksichtigt werden. Ergänzend zum bereits erwähnten kommunalen und genossenschaftlichen Wohnen seien hier weitere alternative Wohnkonzepte wie Syndikatswohnen, Generationenwohnen oder autofreies Wohnen genannt. Auch die Ansiedlung von betrieblichen Wohnungen würden wir begrüßen. Durch die Durchführung einer SEM würde außerdem eine zerrissene Planung des Quartiers verhindert werden und es müsste nicht befürchtet werden, dass auf der Zirkuswiese automatisch Baurecht verbunden mit unabsehbaren Konsequenzen für das Gesamtbild des Quartiers entsteht.

Ich stelle daher im Namen der SPD-Stadtratsfraktion zur Behandlung im zuständigen Ausschuss oder im Stadtrat folgenden Antrag:

Der Stadtrat möge beschließen:

  1. Die Verwaltung wird damit beauftragt, die Durchführbarkeit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nach §§165ff. BauGB auf dem Gebiet „Kreuzlinger Feld“ zu prüfen und die Vorteile für die Stadt, bezogen auf die oben genannten Kritikpunkte, darzulegen. Dabei soll insbesondere berücksichtigt werden, inwiefern dadurch dauerhaft bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann.
  2. Es wird für den bekannten Umgriff des „Kreuzlinger Feldes“ zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung eine Vorkaufssatzung gem. §25 Abs. 2 BauGB erlassen.
  3. Die Verwaltung wird beauftragt, einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für die künftige Nutzung des „Kreuzlinger Feldes“ vorzubereiten.
  4. Das laufende Verfahren zum Erlass des Bebauungsplanes „Kreuzlinger Feld“ wird einstweilen für mindestens ein Jahr nicht weiterbetrieben.

Mit freundlichen Grüßen

 

Daniel Liebetruth

Fraktionssprecher der SPD-Fraktion

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